3.2 Individuelle Förderung und Forderung
1) Rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen für die individuelle Förderung sind in folgenden Paragraphen (Schulgesetz NRW – SchulG, Stand 29.01.2015) festge-schrieben:
- 1 Recht auf Bildung, Erziehung und individuelle Förderung
(1) Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Dieses Recht wird nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet.
(2) Die Fähigkeiten und Neigungen des jungen Menschen sowie der Wille der Eltern bestimmen seinen Bildungsweg. Der Zugang zur schulischen Bildung steht jeder Schülerin und jedem Schüler nach Lernbereitschaft und Leistungsfähigkeit offen.
- 2 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule
(4) ….. und berücksichtigt dabei die individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler.
(8) … drohendem Leistungsversagen und anderen Beeinträchtigungen von Schülerinnen und Schülern begegnet die Schule … mit vorbeugenden Maßnahmen.
- 50 Versetzung, Förderangebote
(3) …. Schülerinnen und Schüler der Grundschule …, deren Versetzung gefährdet ist, wird zum Ende des Schulhalbjahres eine individuelle Lern- und Förderempfehlung gegeben. Sie sollen zudem die Möglichkeit der Teilnahme an schulischen Förderangeboten erhalten ….
2) Was wollen wir erreichen?
Das folgende Zitat fasst die Ziele, die wir an unserer Schule erreichen wollen, gut zusammen:
„Ein auf das lernende Individuum ausgerichteter Unterricht ist ein kompetenzorientierter und individuell fördernder Unterricht. Er erlaubt es, das eigene Wissen zu überprüfen, die eigenen Interessen einbringen zu können, in der Persönlichkeitsentwicklung zu wachsen und Lernwege auszuprobieren. Motivation und Eigenverantwortung für Lernen können sich nur so beim Lernenden ausbilden.“ (Zukunftsschulen NRW, Verwirklichung von Schüler- und Fähigkeitsorientierung im Unterricht)
Wir sehen und erleben unsere Schüler mit ihren individuelle Stärken und Schwächen. Hier setzt unsere individuelle Förderung an. Wir wissen, dass die Förderung nur gelingen kann, wenn wir einen geschulten diagnostischen Blick haben, uns vernetzt mit allen Beteiligten austauschen, die Rahmenbedingungen weiterentwickeln und vielfältige Lernwege ermöglichen.
Im Schülerbogen befinden sich alle wichtigen Diagnose- und Beobachtungsdetails. Ausgehend davon entwerfen alle beteiligten Pädagogen einen individuellen Förderplan für jedes Kind, an dem letztendlich auch die Erziehungsberechtigten mit eingebunden werden. Dieser dient als Gesprächsgrundlage für den Elternsprechtag. Im Beratungsgespräch werden die Eltern über die Lernausgangslage und die individuelle Förderung ihres Kindes informiert und es werden fördernde bzw. fordernde Maßnahmen vorgeschlagen bzw. abgestimmt.
Damit sich die Schüler weiterentwickeln können, ist es wichtig, dass sie den Unterrichtsinhalten folgen können und sich sowohl anderen Schülern als auch den Pädagogen gegenüber mitteilen können. Hierzu haben wir aus aktuellem Anlass z.Zt. eine Sprachfördergruppe gegründet, in der Kinder ohne Sprachkenntnisse täglich individuell klassenübergreifend gefördert werden.
Die Umsetzung der oben beschriebenen Ziele spiegelt sich in unseren Vereinbarungen wider.
3) Vereinbarungen an der Lindenschule
3.1) Diagnostik
Ergänzend zur Diagnostik in der Schuleingangsphase arbeiten wir in Bezug auf die Sprachkenntnisse unserer Schüler mit der Sprachstands-überprüfung und Förderdiagnostik für Ausländer und Aussiedlerkinder (SFD) (Persen Verlag, Anna Hobusch/NevinLutz/Uwe Wiest), um im speziellen Fall (Kinder ohne Deutschkenntnisse), eine individuelle Förderung zu erzielen. In den meisten Fällen reichen jedoch die Ergebnisse des Schuleingangsparcours sowie die festgehaltenen Beobachtungen zur Schulanmeldung (Erzählsituation zum Umi-Bild) aus.
Für die fortlaufende Diagnostik verwenden wir die Lernstandskontrollen der Lehrwerke, die HSP, den Stolperwörter Test und das Münsteraner Screening. Weiterhin nutzen wir die Kenntnisse unserer Sonderpädagogin und erproben ein Konzept, in dem sie einzelne Kinder beobachtet und ggf. testet und gemeinsam mit der Klassenlehrerin die Eltern in Bezug auf Fördermöglichkeiten berät.
3.2) Individuelle Förderung an der Lindenschule
Unsere Schule versucht mit Hilfe der nachfolgenden Maßnahmen und Wege, individuelle Förderung im Unterricht zu erzielen. Die in den Klammern aufgeführten Maßnahmen/Materialien sind die Umsetzungs-bausteine unserer Schule. Die aufgeführten Unterpunkte orientieren sich an den Hinweisen und Ideen der Zukunftswerkstatt NRW.
3.2.1) Lernorganisation
- Lernrhythmus beachten (offener Anfang, flexible Einheiten)
- differenzierende und differente Materialien einsetzen, differenziertes Anspruchsniveau beachten (Förder- und Forderhefte Bausteine)
- Angebote zu außerschulischen Lernzeiten verankern (AGs)
- Lernräume schaffen und nutzen (PC- Raum, Sporthalle, Betreuungs-räume)
- Lernformen variieren (Freiarbeit, Lernen an Stationen, Kooperative Lernmethoden, Frontalarbeit, Museumsgänge, Gruppenarbeit, Einzelarbeit, Partnerarbeit)
3.2.2) Selbständigkeit im Lernen
- Lernanlässe zur Selbstorganisation (z. B. Projektarbeit und Frei-arbeit)
- Methodenlernen
- Systematischer Einbezug von Schüleräußerungen in die Gestaltung von Lehr- und Lernarrangements (Schülerparlament)
- Schülerexpertentum (Projektarbeit)
- Schüler helfen Schülern (in Patenklassen, Klassenintern)
- Initiativen zur Ermöglichung von Könnenserfahrungen (Vorträge im Morgenkreis)
- Lerntagebücher, Portfolioarbeit
- Schülerfeedback (Lubo, Coolnesstraining)
3.2.3) Partizipation
- Mitwirkung in der Leistungsbewertung (Gegenüberstellung von Fremd- und Selbsteinschätzung bei den Zeugnissen)
- Schüler helfen Schülern („starke“ Schüler helfen „schwächeren“ Schülern)
- Selbstbeobachtungs- und Selbsteinschätzungsbögen (Selbstein-schätzung im Rahmen der Lernstandskontrollen durch Smiley System)
- Schülerfeedback (Klassenrat)
- Lernentwicklungsgespräche (Elternsprechtag mit den Schülern)
- Patenschaften (zwischen der ersten und vierten Klasse, Hilfestellung im offenen Anfang, gemeinsame Spielaktionen)
3.2.4) Angebotsvielfalt
- Zielgruppenorientierte Themen und Angebote der Individuellen Förderung (AGs [Schach, Garten, Chor, Fußball], Wettbewerbe [Mathe, Känguru, Sparda – Cup, Arndt – Cup], Sprachförderung, Leseförderung [Lesemütter, Antolin], Begabtenförderung [Mathe Plus für die Klassen 3 und 4], Förderung bei Migrationshintergrund [DAZ, Sprachfördergruppe], Jungen-Mädchenförderung [Mädchen- und Jungentage], LRS-Gruppen, Mathefördergruppen, Deutsch-fördergruppen)
- Elternfortbildungen (Elternabend zum Coolnesstraining, Mein Körper gehört mir)
- Lehrerfortbildungen (Bensberger-Modell, Collnesstraining, Lernen lernen von Anfang an [Kooperatives Lernen], Kommunikations-training, Schwierige Kinder – schwierige Klassen, psychische Auffälligkeiten im Unterricht vor dem Hintergrund der Inklusion)
3.2.5) Kompetenzorientierung
- schulisches Konzept zur Leistungsbewertung
- Kompetenzorientierte Materialien zur Diagnostik, Selbsteinschätzung und Dokumentation individueller Lernentwicklung
(vgl. Zukunftsschulen NRW, Verwirklichung von Schüler- und Fähigkeits-orientierung im Unterricht)
„Individuelles Fördern heißt, jedem Schüler im Kontext einer Lerngruppe die Chance zu geben, sein motorisches, kognitives, emotionales und soziales Potenzial um-fassend zu entwickeln.
Ein von individueller Förderung geprägter Unterricht zielt auf die Kompetenzen, die Schüler als selbstständig Lernende in der Auseinandersetzung mit dem Unterrichts-gegenstand erwerben sollen.
Um das Lernen der Schüler zu unterstützen, anzuregen und zu begleiten, müssen die individuellen Lernvoraussetzungen, Lernbedürfnisse und Lernmöglichkeiten berücksichtigt werden. Schüler sollen sukzessive befähigt werden, Experten ihres eigenen Lernprozesses zu werden.
Auf diesem Weg benötigen sie Raum für ihre eigene Kompetenz-entwicklung, auch im gegenseitigen Austausch und im Rahmen kooperativer Lernformen. Unverzichtbar sind hierbei diagnostisch fundierte Rückmeldungen, Ermutigung, Beratung, bedarfsgerechte Unterstützung sowie die Vertrautheit im Umgang mit grundlegenden Methoden des eigenständigen Lernens einschließlich der Selbstbeobachtung des Lernens.“ (…)
„Individuelle Förderung hat eine Vision: Schule schöpft die Lernpotenziale aller Schüler voll aus und trägt den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen aller Kinder und Jugendlichen Rechnung. Diese Unterschiede in Gestalt und Geschwindigkeit des Lernens können sehr stark ausgeprägt sein.
Damit Schulen und Lehrkräfte dem einzelnen Kind gerecht werden können, brauchen sie auf dem Weg zur individuellen Förderung syste-matische Unterstützung. Letztlich sind alle schulpolitischen Maßnahmen der Landesregierung auf dieses Ziel ausgerichtet: Sei es die systematische Fort- und Weiterbildung, die neue Lehrerausbildung, die veränderte Qualitätsanalyse, das längere gemeinsame Lernen, die Stärkung der Schulleitung oder der Referenzrahmen Schulqualität.
Denn uns ist eines völlig klar: Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen, von Kindern mit und ohne Migrations-hintergrund, von Kindern mit besonderen Begabungen und Kindern, denen das Lernen schwerer fällt, erfordert eine veränderte Schul- und Unterrichtskultur, die allen zugutekommt: Die Kinder müssen in den Mittelpunkt aller schulischen Bildungsprozesse rücken.
Eine Schule, die zielgerichtetes individuelles Lernen ermöglicht, ist aber nicht nur für die unterschiedlichen und vielfältigen Kinder und Jugendlichen gut. Sie ist das Idealbild einer Schule, in der alle Schülerinnen und Schüler individuell gefördert werden und sich optimal entwickeln können. Das mag noch nicht Alltag in allen Schulen sein und seine Zeit brauchen, aber mehr und mehr machen sich erfolgreiche auf den Weg.“ (Zukunftsschulen NRW, Verwirklichung von Schüler- und Fähigkeitsorientierung im Unterricht)